Exkursion vom 1.7.2015 des Francé Arbeitskreises
Erste Stadion: Der Exotenwald in Weinheim
„Treffpunkt bei der ältesten Libanon-Zeder nördlich des Mittelmeers“ am 1.7.2015 um 10 Uhr – so stand es in der Einladung vom BTQ e.V., um den Exotenwald in Weinheim und anschließend die Darmstädter Forstbaumschulen zu besichtigen. Es war eine kleine Gruppe von ca. 10 Personen, die vom Vorsitzenden Hartmut Heilmann begrüßt und anschließend von Paul Oeding von der Forstbaumschule geführt wurde. Herr Oeding kennt den Exotenwald, auch durch seine gelegentliche berufliche Tätigkeit vor Ort, seit Jahren sehr gut.
Der Exotenwald entstand 1872, alsChristian Friedrich Gustav von Berckheim begann, fremdländische Baumarten hier anzupflanzen. Später, ab 1955, wurde der Erhalt durch die Landesforstverwaltung Baden-Württemberg gewährleistet.
Durch den Schlosspark ging es zunächst zum Startpunkt des Exotenwaldes und dann den „Buckel“ hoch zum Waldparkplatz. Allein dieser kleine Aufstieg von ca. 10 Minuten brachte die Teilnehmer schon mächtig ins Schwitzen – kein Wunder bei praller Sonne und 30°C im Schatten am Vormittag. Dort angekommen wurden die ersten außergewöhnlichen Bäume ins Visier genommen. Nach einer kleinen Erfrischung ging es auf dem Exotenbaumpfad in dem angenehm temperierten Wald weiter.
Nach 100 m tauchte der asiatische Kuchenbaum auf. Eine Baumart, die bei uns normalerweise eher als Strauch anzutreffen ist, doch hier konnte er sich als Baum behaupten. Wenn man‘s weiß, ist er leicht an seinen gegenständigen Blättern zu erkennen, ähnlich einem belegtem Kuchen. Er besitzt rote Knospen.
Nebenan die Großblättrige Magnolie, ebenfalls aus Asien. Nur ist diese für unkundige im nichtblühenden Zustand schwer zu erkennen.
100 m weiter die Hickorynuss, welche im Osten der USA zuhause ist und eine wertvolle essbare Nuss als Frucht entwickelt. Auffällig sind die Blätter, die jeweils aus 5 Einzelblättchen bestehen. Dadurch sieht die Krone eher wie ein Busch aus. Angesichts der Baumgrößen von über 30 Metern scheint dieser Nuss das Klima bei uns sehr gut zu bekommen.
Beim Weitermarschieren tauchen vor uns dann die mächtigen Mammutbäume auf, genauer gesagt die Berg-Mammuts aus der Sierra Nevada in Kalifornien.
Es ist schon beeindruckend, unter mehreren Mammuts, welche Baumhöhen von über 60 Metern annehmen, zu laufen.
Hier sagen Bilder mehr als tausend Worte …!
Herr Oeding hat auch hier die Gruppe ausführlich über den Mammut und seine Herkunft informiert und uns angekündigt, dass wir am Ende noch den Küsten-Mammut zu Gesicht bekämen.
Es gibt einen Küsten-Mammut am Weg, der 144 Jahre alt ist. Seine „Artgenossen“ datieren das Pflanzjahr 1972, sind also erst 44 Jahre alt! Er wächst auf jeden Fall um einiges schneller als der Berg-Mammut. Der derzeit 44 jährige Küsten-Mammut überholt irgendwann den 32-jahre älteren Berg-Mammut! Angesichts dieses jährlichen Massezuwachses ist es verwunderlich, dass der Küsten-Mammut bisher aus ökonomischer Sicht nicht schon längst massenhaft bei uns „angebaut“ wurde.
Auch hier wusste Herr Oeding einiges zu berichten, unter anderem über die spekulative Herkunft der Samen. Hierzu las er uns aus zwei Werken vor um aufzuzeigen, wie aus „nicht Wissen“ dann eine Spekulation und aus dieser plötzlich nach Jahren eine handfeste Tatsache wurde (und das in einer sogenannten „wissenschaftlichen Arbeit“).
Auf Grund der zeitlichen Begrenzung haben wir „nur“ die interessantesten exotischen Baumarten angeschaut und erklärt bekommen. Man hätte noch viel mehr Zeit bei dieser Exkursion benötigt, um weiter in die faszinierende Welt der Exotenbäume einzutauchen. Selbst unsere eingeplante Zeit war zu kurz und die Ankunftszeit bei der Forstbaumschule wurde von 13 Uhr auf 14 verschoben.
Zweite Stadtion: Darmstädter Forstbaumschulen GmbH
Angekommen bei den Darmstädter Forstbaumschulen GmbH wurden wir netterweise zum Pizzaessen eingeladen – dafür bedanken wir uns an dieser Stelle nochmals ganz herzlich. Auf Grund der starken Hitze wurde der erste Austausch im Saal begonnen. Es wurde über den geschichtlichen Werdegang der Baumschulen, deren Veränderung über die Jahrzehnte, die Beschaffenheit des Bodens am Standort und den zu bewältigenden Problematiken gesprochen. Der BTQ-Vorsitzende Hartmut Heilmann beschrieb den Anwesenden die Hintergründe und das Entstehen von BTQ e.V., des Francé’-Arbeitskreises und die derzeitigen Aktivitäten des Vereins. Die Baumschulen waren bereits im Besitz des Original-Werkes von „Die letzte Chance für eine Zukunft ohne Not“ von 1950. Vom BTQ-Mitglied Andreas Stephan Krauth erhielt die Baumschule das „Handbuch des Bodenlebens“ als Geschenk.
Zuerst versammelten wir uns in der großen Packhalle und bekamen einen groben Überblick über die verwendeten Fahrzeuge und deren Einsatzzweck. Danach fuhren wir zu den Quartieren, den Saatbeeten und den Verschulungsbeeten. Hier wurde uns erläutert, wie die gesamte Aussaat erfolgt und welche aufwändige Bodenvorbereitung hierfür notwendig ist. Selbst fachkundige Teilnehmer waren von der schichtweise aufgebauten Bodenstruktur überrascht und fasziniert.
Wie überall im Freien, müssen die Jungpflanzen aufwendig vor den extremen Wettereinflüssen geschützt werden. Vor allem Frost, Hitze und Trockenheit machen den Bäumchen im Anfangsstadium zu schaffen. Peter Antoni beschrieb, wie er nachts bei Frostansage vor dem Thermometer sitzt, um einzuschätzen, wann und wie lange die Berieselungsanlage eingesetzt werden soll oder nicht. Auch hier habe er sich schon vertan und dann können in wenigen Stunden Tausende von Nachwuchsbäumchen beschädigt oder gar zerstört sein.
Auf der Rundfahrt wurden uns die verschiedenen Baumarten und deren Wachstumsstadien gezeigt. Je nach Art werden manche nach durchschnittlich zwei bis drei Jahren umgeschult (verpflanzt), damit sie mehr Platz haben, um sich zu entwickeln. Nach drei Jahren werden die unbeschädigten Baumsetzlinge dann zum Verkauf angeboten.
Im weiteren Verlauf kamen wir auch an den verschiedensten Gerätschaften vorbei, von denen viele eigene Sonderanfertigungen sind. Ein Gerät davon ist ein Abflammgerät, eine Art umgedrehter Gas-Grill. Mit diesem wird der Boden ein paar Zentimeter tief erhitzt, um damit vorhandene Fremd-Samen und -keimlinge zu zerstören. Schließlich sollen auf dem frisch vorbereiten Boden die neuen Bäumchen anwachsen und (zunächst) keine anderen Pflanzen. Nur so ist es gewährleistet, dass man auf die chemische Keule verzichten kann.
Auf der Fahrt durch das Gelände wurden auch keine auffällig kranken Pflanzen, wie z. B. durch Pilzbefall, entdeckt. Wie Peter Antoni berichtet, hätten sie nach Beobachtung von erkrankten Baumarten diese auf den „kritischen Bereichen“ des Geländes nicht mehr gepflanzt. Damit bezieht der Betrieb auch standortphysiologische Gesichtspunkte mit ein und verhindert somit den Einsatz von Fungiziden.
Am Ende der Besichtigung ging es dann um die biologische Düngung, welcher aus 2 Teilen besteht: Grün-Düngung durch selbst angebaute Pflanzen und den selbst hergestellten Rindermistdünger.
Peter Antoni erläuterte das ganze aufwändige Prozedere von der Anlieferung des Rindermists, die maschinelle Zerkleinerung und Aufhäufung über die „Impfung“ mit den biologisch-dynamischen Kräuterpräparaten bis zum fertigen ausbringbaren „Humusmist“ als Dünger. Auch hier wurde sehr deutlich, dass durch über 20 jährige Erfahrung und weitere Optimierungen hier ein Düngungsgut entsteht, welches individuell auf die Bedürfnisse der Pflanzen, die Bodenstruktur und deren Bodenleben der Forstbaumschule abgestimmt ist, auch wenn man innerhalb der biologisch-dynamischen Methode eigene Wege geht.
Verwundert äußerte sich Peter Antoni darüber, wie viel über die Rindermistkompostierung geschrieben wurde und doch niemand zu finden war, der sich tiefgreifend und praktisch damit auskennt. Auf der Suche nach einer erfahrenen Person kontaktierte er, damals in seinen Anfängen, über 40 in Frage kommende Betriebe – er erhielt keine sinnvollen oder konkreten Antworten aus der Praxis.
So machte er sich selbst an die Arbeit und entwickelte ein für sich und den Betrieb funktionierendes Verfahren. Von dieser Eigenleistung, die das Gelingen der Kulturen maßgeblich bestimmt, war die Exkursions-Gruppe sehr beeindruckt. Die jahrelangen selbst selbstgemachten Erfahrungen auf dem eigenen lebendigen, Boden lassen sich durch Dutzende von Fachartikeln eben nicht ersetzen.
Für die Arbeit zur Weiterentwicklung unserer Wälder – auch mit Gewächsen, welche hier ursprünglich nicht ihre Heimat hatten – und deren Einführung und Verfügbarmachung für die praktische Forstwirtschaft, mit der Biologisch-Dynamischen Wirtschaftsweise, einer besonderen ökologischen Methode, haben die Darmstädter Forstbaumschulen die Francé-Gedenk-Medaille wirklich verdient.
Zur Diskussion muss man nämlich wissen, dass es Gruppen gibt, welche – kurzgefasst – folgendes Prinzip vertreten: Wald ist mit Naturverjüngung standortgemäßer Holzgewächse zu verfolgen. Dadurch ist die Prüfung und Einführung anderer geeigneter Pflanzen fast ausgeschlossen. Eine Reihe von Baumarten wie die Douglasie hat es hier vor den Eiszeiten aber schon gegeben. Sind das nun wirklich Neophyten? Gerade die Douglasie wird in Deutschland großflächig und erfolgreich kultiviert. Und andere sollte und könnte man im Zeitalter des Klimawandels zumindest prüfen. Hierrüber hat dieser Tag mit der Besichtigung eines Standortes mit „alter“ Standortprüfung und der Kultur „neuer“ Baumarten einen wichtigen Einblick gegeben.
Daten und Kontakt zu den Darmstädter Forstbaumschulen:
(Stand 2015)
- Mitarbeiter: 10 festangestellt + ca. 10 bis 15 Saisonkräfte
- Fläche: rund 35 ha
- Ausgelieferte Baumsetzlingen: ca. 2,5 bis 4 Millionen pro Jahr
- Öko-Zertifizierter Betrieb: Ja
Darmstädter Forstbaumschulen GmbH Brandschneise 2
64295 Darmstadt
Telefon: +49 6155 87500
Telefax: +49 6155 875010
E-Mail: post@forstbaumschule.com
Internet: www.forstbaumschule.com
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