Mulch total auf dem Acker

Mangold in Mulch

von Dr. Brunhilde Bross-Burkhardt, Aubäcker 10, 74595 Langenburg

Bericht zur Jahrestagung 2023 der Gesellschaft für Boden, Technik, Qualität (BTQ)

Theorie und Praxis der Mulchwirtschaft vor Ort

Auf der Jahrestagung 2023 der Gesellschaft für Boden, Technik, Qualität (BTQ) in Schrozberg standen Beiträge zur Theorie und Praxis der Mulchwirtschaft auf dem Programm. Nach den Vorträgen führte eine Exkursion auf den nahegelegenen Kellerhof in Reusch, einem Ortsteil von Rothenburg ob der Tauber, direkt an der Landesgrenze zu Baden-Württemberg, der seit 2022 das Mulchpflanzverfahren praktiziert.

Tagungsteilnehmende begutachten die Salat-Anbaufläche direkt am Hof
Tagungsteilnehmende begutachten die Salat-Anbaufläche direkt am Hof

Ein heißer trockener Tag. Geregnet hat es wochenlang schon nicht mehr. Die Bodenoberfläche auf den Äckern ausgetrocknet. Auf den Gemüseäckern der Familie Keller ist allerdings gar keine Erde zu sehen. Die Fläche ist komplett mit einer Mulchschicht aus Luzernestroh oder Getreidestroh abgedeckt. Aus der Mulchdecke ragen Lauch und Kohl. Über einen Teil der Kulturen sind Klimaschutznetze ausgebreitet, die im windigen Ostteil der Hohenloher Ebene vor allem vor Wind und Verdunstung schützen – und als Nebeneffekt den Kohlweißling abhalten; gegen Schnecken, die hin und wieder Probleme bereiten, hilft das Netz allerdings nicht. Die dicke Mulchschicht lässt einjährige Beikräuter kaum durchkommen; Ampfer und Distel arbeiten sich jedoch durch.

In Mulchschicht pflanzen

Im Biogarten ist das Mulchen eine übliche Methode, vor allem in der Mischkultur nach Gertrud Franck. Auf dem Acker wird es dagegen noch selten praktiziert. Da stellten die Teilnehmenden viele Fragen nach der neuartigen Anbautechnik. Biolandwirt Jürgen Keller pflanzt direkt in die etwa 20 Zentimeter hoch aufgebrachte Mulchdecke. Möglich macht dies das Gerät MulchTec-Planter, das mit scharfem Messer die Mulchschicht durchschneidet und unmittelbar danach Gemüsesetzlinge durch die Schlitze ins Erdreich pflanzt. Im gleichen Arbeitsgang drücken Andruckrollen den Boden wieder an und schließen die Mulchschicht. Die Herstellerfirma live2give in Dickendorf im Westerwald bezeichnet das aus der Gemüsebaupraxis heraus entwickelte Gerät als die „Schlüsseltechnik für Mulch-Direktpflanzungen im professionellen Gemüsebau“. Das Anbausystem ermögliche es auch Betrieben in „Nicht-Gemüseregionen“, nachhaltig Gemüse anzubauen.

Mulchpflanzgerät MulchTec
Mulchpflanzgerät von MulchTec

Jürgen Keller zeigt sich begeistert von dem MulchTec-Planter, den er 2022 für ca. 45 000 Euro gekauft hat und das er an seinen 65-PS-Schlepper anhängt. Im vergangenen Jahr sei das Gemüse nur einmal nach dem Pflanzen und dann erst wieder im August gegossen worden. Und auch in diesem Jahr wurde erst einmal gewässert. So erweist sich die Methode als wassersparend und zukunftsweisend. Auch beim Gießwasser, das die Kellers vor allem für die Gewächshäuser brauchen, sind sie weitgehend autark; das Wasser entnehmen sie einem auf ihrem Grund angelegten Bewässerungsteich, das den Winter über mit Oberflächenwasser gespeist wird. Normalerweise reicht es bis Juli oder August.

Dr. rer. agr. Johannes Fetscher und der Bodenkundler Michael Weiß, die an der Tagung teilnahmen, untersuchten den Boden unter der Mulchschicht. Der Lössboden zeigte sich bei der Spatenprobe gut strukturiert, trotz der langen Trockenheit noch etwas feucht, von Wurmgängen durchsetzt und vom Tauwurm besiedelt. Die Bodensonde ließ sich gut einführen und zeigte keine Verdichtungen im Wurzelhorizont an.

Luzerneanbau speziell zum Mulchen

Dick gemulchter Salat kommt mit wenig Wasser aus
Dick gemulchter Salat kommt mit wenig Wasser aus

Die Kellers streben auf ihrem 25 Hektar großen Betrieb, der seit 2023 nach Biokreis-Richtlinien bewirtschaftet wird, Kreislaufwirtschaft an. „Unser Dünger wächst auf unseren Äckern“ sagt Seniorchef Helmut Keller. Die Kellers bauen für die 2 Hektar Gemüseanbaufläche 4 Hektar Luzerne zum Mulchen (und als Schweinefutter) an. Die Leguminose Luzerne, die drei Jahre auf dem Acker bleibt, düngt zudem den Boden und schließt ihn auf. Gedüngt wird mit Mist und Jauche aus der eigenen Schweinehaltung. Der Familienbetrieb, in dem Monika und Daniela Keller mitarbeiten, vermarktet das Gemüse – neben anderen Produkten des Hofes – im Hofladen und auf drei Wochenmärkten in Rothenburg ob der Tauber, Dinkelsbühl und Crailsheim.

Mulch fördert Regenwürmer

Dr. Johannes Fetscher hatte zuvor am Veranstaltungsort in Schrozberg über seine Parzellenversuche zur Mulchwirtschaft in einer biologisch-dynamischen Gärtnerei berichtet. Mit einem Augenzwinkern sagte er über sich, dass er für seinen missionarischen Eifer bekannt sei, davon zu überzeugen, dass man mit Mulchen genausogut gegen Beikräuter angehen könne wie mit Herbiziden.

Auf seinen Versuchsflächen mulchte er 20 Zentimeter hoch mit Heu oder Silage aus Kleegras, Wickroggen oder anderer Gründüngung, die nach der Blüte geschnitten wurde. Mit dieser Mulchschicht als Futtergrundlage vermehrten sich die Würmer (zu Dreiviertel handelte es sich um den Tauwurm Lumbricus terrestris) um das Fünffache – von 100 Würmern pro Quadratmeter und 500 Würmer pro Quadratmeter.

Mulch Spatenprobe auf Betrieb in Reusch
Die Mulch Spatenprobe zeigt, dass der Lössboden gut durchwurzelt und von Tauwürmern besiedelt ist.

Er führte auch endoskopische Untersuchungen in den Regenwurmgängen durch und konnte beobachten, dass die Pflanzenwurzeln bevorzugt in den Röhren wachsen und sich mit ihren Haarwurzeln in die mit Nährhumus tapezierte Röhrenwand „hineinschmecken“. Mit dem Mulchen erzielte er eine um 5 Prozent höhere Wasserkapazität innerhalb von fünf Jahren, was in diesen Trockenjahren ebenfalls von Bedeutung ist.

Detaillierte Beschreibungen und Ergebnisse der Mulchversuche sind auf der Webseite von Johannes Fetscher johannes-fetscher.de, in Lebendige Erde 4/2017 und der Schriftenreihe des Forschungsrings BD26 nachzulesen.

Weitere Infos:

Kellerhof, Reusch 2, 91541 Rothenburg ob der Tauber, Tel.: 09861/2606